Weihnachtsgeschenke für Gefangene
Im »lawblog las ich vor ein paar Jahren davon, dass man zu Weihnachten Insassen von Justizvollzugsanstalten etwas schenken kann. Als ich mich näher informierte musste ich feststellen wie trist und hart das Leben für die Strafgefangenen ist.
Also habe ich das einfach mal ausprobiert. Hier ein paar anonyme Zitate aus den Dankesbriefen, die ich bekam:
Mit Ihrer Spende haben Sie mir nicht nur ermöglicht meinen Einkauf
aufzubessern, sondern Sie haben tatsächlich dafür gesorgt dass ich
mein Bild das ich von dieser Welt habe einmal grundsätzlich überdenke
und ändere.
Ein anderer freut sich über Dinge, die für mich alltäglich sind:
Mit der Spende konnte ich mir notwendige Dinge wie: Zucker, Duschgel,
Tomaten aus der Dose, Filterkaffee, etwas Obst (Apfel, Bananen), Tabak,
Schreibblock, Kugelschreiber kaufen. Das erleichtert mir den "Aufenthalt"
um einiges. Die Umstände hier sind ärmlichst.
Und hier noch ein Auszug aus einem Brief:
Was habe ich mir eigentlich gekauft? [...] Dinge eben, die sonst nicht
so oft auf meiner Liste zu finden sind: Tomaten, Gurken, alles um einige
gute, gemischte Salate zuzubereiten und auch ein wenig Wurst- und Käseprodukte.
Ich meine, diese Leute freuen sich über Dinge die mir selbstverständlich vorkommen: Etwas zu Essen, Schreibzeug, Duschgel!
Es ist möglich Weihnachtspakete oder Ersatzeinkäufe zu spenden (die meisten Bundesländer lassen keine Pakete mehr zu). Außerdem kann man Bücher oder Zeitungen schenken. Für mich als Leseratte eine schöne Idee. Seit diesem Jahr kann man auch einer JVA ein Bildungspaket zukommen lassen. Mehr Informationen gibt es bei »Freiabonnements für Gefangene , einem gemeinnützigen Verein.
Gebt euch einen Ruck und tut völlig Fremden etwas Gutes :-)
Serientipp: Aggressive Retsuko
Die japanische Firma Sanrio ist in Deutschland hauptsächlich für Hello Kitty und das Merchandising zur Figur bekannt. Wer hätte gedacht, dass Sanrio durchaus subversive Serien und Figuren produzieren kann? Mit Aggressive Retsuko ist das hervorragend gelungen!
Retsuko ist eine Büroangestellte in einer japanischen Großstadt. Die wird als niedlicher roter Panda dargestellt. Und natürlich sind da auch alle Klischees mit ihren wahren Kernen, die genüsslich durch den Kakao gezogen werden. Hier nur ein paar davon:
- Ihr Chef ist ein chauvinistisches Schwein (wortwörtlich, die Figur hat einen Schweinekopf)
- Sie arbeitet viel zu viel und viel zu lang
- Eine Kollegin ist die Tratschtante, die sich natürlich auch gern vor der Arbeit drückt
- Eine andere Kollegin ist Stalkerin par excellence in den sozialen Netzen
Die Tratschtante schleppt sich zum Beispiel trotz Grippe in die Firma und wird bestimmt alle anstecken:
Da würde man doch Ausrasten! Und tatsächlich tut Retsuko genau das regelmäßig! Sie brüllt sich dann mit Death Metal den Frust aus dem Leib:
Und so jemand muss man einfach gern haben :-)
Buchrezension: Vom Autopiloten zur Selbststeuerung – Alexander-Technik in Theorie und Praxis
Wer hat nicht als Kind immer wieder "Halt dich gerade!" zu hören bekommen? Doch was geschieht, wenn wir uns bewusst gerade halten? So gut wie immer überstrecken wir die Wirbelsäule, drücken die Brust heraus und ziehen den Bauch ein. Kurz gesagt, wir verspannen uns.
Im Buch "Vom Autopiloten zur Selbststeuerung" erklärt Adrian Mühlebach die Grundlagen der Alexander-Technik anschaulich und mit praktischen Übungen. Die Alexander-Technik setzt dabei auf das Erkennen von bestehenden Gewohnheiten und ganz besonders auf das Innehalten, um ein bestehendes Muster zu unterbrechen. Durch Selbststeuerung können dann neue Muster gelernt werden, die effizienter sind und damit zu weniger Verspannungen führen. Dabei helfen mentale Anweisungen, die man sich selbst gibt.
Es ist ganz normal, dass wir Menschen Muster für Bewegungen lernen, die wir unbewusst abrufen. Wir machen uns keine Gedanken darüber, wie wir Schritte machen, etwas aufheben oder uns hinsetzen. Das geschieht meist erst, wenn bspw. durch ein gravierendes Ereignis, größere Unordnung hervorgerufen wird. Nach einem Bänderriss, einem gebrochenen Bein oder schon bei einer Zerrung gewöhnen wir uns andere Muster an, um ein Körperteil zu schonen. Nachdem wir wieder gesund sind, ist es wichtig, die Schonhaltung abzulegen, damit keine einseitigen Belastungen über lange Zeit entstehen.
Es ist frappierend: Wir selbst denken, wir stehen aufrecht und entspannt da. Macht man jedoch ein Foto von uns, so fällt uns selbst auf, dass wir z. B. den Kopf leicht schräg legen, uns nach vorne oder hinten neigen oder vieles mehr. Dabei waren wir nach unserem Selbstbild perfekt im Lot.
Die Alexandertechnik möchte an dieser Stelle Abhilfe schaffen. Selbst lässt sich ein gelerntes Bewegungsmuster nur mit größerem Aufwand umlernen. Dabei ist das schwierigste, nicht zur Kompensation andere Muskeln zu verspannen. An dieser Stelle setzt die Technik an. Durch Innehalten können wir uns im ersten Schritt unseres aktuellen Musters bewusstwerden. Durch mentale Anweisungen können wir dann neue Muster einüben oder unerwünschte Verspannungen stückweise lindern.
Circa die Hälfte des Buchs besteht aus Selbstexperimenten, die in die eigene Praxis übernommen werden können. So kann man z. B. Haltungsfehler bei sich erkennen und an ihnen arbeiten. Durch Bilder kann man sich seiner Anatomie bewusstwerden und dadurch zu einem neuen Selbstbild kommen. Die Übungen sind sehr klar illustriert sowie beschrieben und dadurch einfach nachzuvollziehen.
Ich finde, es ist das beste deutschsprachige Buch zur Alexander-Technik, dass ich in Händen halten durfte. Um noch ein Lob drauf zu legen: Es ist auch besser als die meisten englischsprachigen Bücher zum Thema.
Buchrezension: Homo Sapiens 404
In der nahen Zukunft hat die Menschheit dank Kontakt zu Außerirdischen den Sprung zu den Sternen geschafft. Wir Menschen brachten den Außerirdischen dafür Internet, Twitter und Youtube. Wie dumm, dass ausgerechnet da die Zombie-Apokalypse auf der Erde ausbricht!
Die Außerirdischen riegeln die Erde ab und die restliche Menschheit ist über Raumstationen der Außerirdischen verstreut. Menschen sind nun Underdogs. Die Angst geht um. Die Zombieseuche könnte jederzeit wieder ausbrechen.
Die Crew eines kleinen Raumschiffs das sich durch Ausschlachten von Schiffswracks knapp über Wasser hält stolpert über ein recht großes altes Postschiff. Das Schiff heißt "Transport-Schiff Eliot", kurz T.S, Eliot. Es ist nur nicht so verlassen, wie es scheint. Und es birgt ein Geheimnis.
Claudia Kern hat in vier unglaublich kurzweiligen Bänden eine Menge Geektum verarbeitet. Sie erzählt eine schlüssige Geschichte, in der ich immer wieder viel Spaß an den geekigen Ideen hatte. Dabei driftet sie nicht in Klischees oder Klamauk ab. An manchen Stellen hat es mich etwas gegruselt, denn ich bin eigentlich nicht der Fan von Zombiegeschichten. Die Spannung hält sie unglaublich gut und ab und an gibt es ordentlich Action bzw. Splatter. Was OK ist, immerhin muss man ja was gegen die Zombies tun.
Absolute Kaufempfehlung. So schnell habe ich schon lange keine Bücher mehr verschlungen. Hoher Spaßfaktor!
34c3 Ladeinfrastuktur ohne Schutz
Noch ein Nachtrag zum 34C3: Der Vortrag zur Ladeinfrastruktur für Elektroautos, oder eher, welche Scheunentore die Software und Ladestationen haben. Fefe hat dazu bereits am Tag des Vortrags »gebloggt.
Elektrofahrzeuge werden immer beliebter und da hat sich doch mal jemand die Infrastruktur dazu ein bisschen angesehen. Es kamen sehr viele spannende Sachen: Die öffentliche ID der Chipkarte für das Laden des Autos wird als Schlüssel für alle Ladevorgänge genommen. Man könnte IDs raten und jederzeit auf fremde Kosten tanken. Man kann die Ladestation sehr einfach öffnen und die letzten IDs auslesen, wenn man nicht raten mag. Man kann die Software auf der Ladestation ändern.
Mir wurde bei dem Vortrag ganz anders. Natürlich habe auch ich schon Fehler produziert, das ist normal. Ich habe nur Grundwissen zu Kryptografie und auch ich konnte sofort sehen, dass da gar nichts geschützt gegen Manipulation ist. Nehmen die Hersteller keine Beratung zu Verschlüsselung und Sicherheit in Anspruch? Naiv vermute ich, dass in den Firmen dazu wenig Wissen vorhanden sein müsste. Oder die Software als Beta auf die Stationen kam, weil ohne richtiges Konzept geliefert werden musste.
Ergänzen muss ich, dass es noch weitere Infrastrukturen gibt, die z. B. Zertifikate einsetzen. Diese wurden im Vortrag nicht beleuchtet.
7 Jahre Fukushima
Heute am 11. März ist es 7 Jahre her, dass ein schweres Erdbeben mit einem Tsunami Japan heimsuchte. In den letzten Jahren hat man kaum noch etwas in der Presse gelesen.
In der betroffenen Region waren weite Landstriche vom Beben betroffen. Die meisten zerstörten Gebäude sind mittlerweile abgetragen. Autowracks wurden gesammelt und recycled. In vielen Gegenden wurde eine dünne Schicht des Bodens abgetragen und alle Oberflächen gereinigt um radioaktive Isotope zu entfernen. Diese lagern jetzt in tausenden Big Bags, riesigen schwarzen Kunststoffsäcken.
Wer sich einmal ein ganz anderes Bild von der Lage vor Ort machen möchte kann das durch die Augen eines Insiders tun! Ein Zeichner hat während mehrerer Jahre beim Reaktor gearbeitet und zeigt uns, wie die tägliche Arbeit sich über die Jahre verändert.
Beeindruckt haben mich die hohen Auflagen für alle Arbeiter zum Schutz vor Strahlung. Sehr tröstlich finde ich, dass im Lauf der Zeit die Aufräumarbeiten sichtbar vorgehen und auch in den äußeren Zonen immer weniger Strahlenschutz notwendig wird. Der Manga spiegelt die Realität und beschönigt nichts. So sehen wir auch die schwierige Lage für die eigentlichen Arbeiter, die durch Ketten von Subunternehmern über ihre Einsätze und damit ihren Verdienst im Unklaren gelassen werden. Marode Unterkünfte und Alltagssorgen zeichnen ein ehrliches Bild des Lebens im Umland um den havarierten Reaktor.
34c3 Charles Stross: Dude, you broke the future
Der 34. CCC Kongress (kurz 34c3) ist nun schon über zwei Monate her. Muss man da jetzt immer noch zu schreiben? OK, das war eine rhetorische Frage. Müssen nicht, es gibt einiges interessantes, das ihr auch jetzt noch nachholen könnt.
Natürlich hat »Fefe schon viel, viel früher dazu gebloggt. Ich möchte euch heute die Keynote von Charles Stross nahelegen.
»Charles Stross ist Scifi-Autor. Er erklärt erst mal, was an Scifi schwierig ist. Über die nahe Zukunft zu schreiben geht, denn man projiziert einfach aktuelle Trends ein wenig nach vorne. Über deutlich weiter in der Zukunft wird es dann schwer.
Sehr spannend fand ich, als er auf AI/KI umschwenkt. Immer wieder liest man ja von der »Singularität die dann kommt und ggf. für die Menschheit »nicht so erfreulich wird.
Zukünftige AIs sieht er als Fortsetzung von heutigen AIs, nämlichen von Firmen. Denn jede Firma möchte etwas maximieren und arbeitet auch daran sich zu verbessern oder zu entwickeln. Wir als Zivilgesellschaft reagieren gerade in den letzten Jahrzehnten viel zu langsam auf die technologisch beschleunigten Firmen-AIs.
Jetzt ist aber genug gespoilert. Hier geht es zur »Keynote auf der Seite von Charles Stross inklusive Transkript dazu.